Mit Pressemitteilung vom 25.10.2022 hat der Senator für Finanzen, Daniel Wesener (Bündnis 90/Die Grünen) mitgeteilt, dass das Land Berlin mit dem Insolvenzverwalter Torsten Martini einen Kaufvertrag für zwei Teilgrundstücke am Checkpoint Charlie östlich und westlich der Friedrichstraße abgeschlossen hat. Gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans 1-98 (Checkpoint Charlie) soll auf dem Ostgrundstück ein Bildungs- und Erinnerungsort und auf dem dem Westgrundstück ein Stadtplatz entstehen. Entsprechend den rechtlichen Bestimmungen musste dieser Kaufvertrag vom Landesparlament gebilligt werden, was auf der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am 01.12.2022 erfolgt ist. Mit den Stimmungen der Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, der LINKEN und der CDU gegen die Stimmen von AfD und FDP wurde die Beschlussempfehlung Nr. 19/706 des Hauptausschusses angenommen.

Damit ist ein wichtiger Meilenstein für eine gemeinwohlorientierte Entwicklung des weltweit bekannten Ortes erreicht. Seit dem 04.10.2022 läuft das „Dialogverfahren Checkpoint Charlie„, mit dem das Ziel verfolgt wird, „bis zum Ende des Jahres 2022 verbindliche städtebauliche und kulturfachliche Eckpunkte zu erarbeiten, die als Basis für weitere Planungsverfahren dienen“. Nachdem am 29.11.2022 eine teilöffentliche Planungswerkstatt stattgefunden hat, arbeiten nun die beauftragten Planungsbüros in Zusammenarbeit mit den beteiligten öffentlichen Verwaltungen an den zuvor genannten „Eckpunkten“. Die Ergebnisse sollen der Öffentlichkeit dann am 24.01.2023 präsentiert werden.

Im Verlauf der Causa Checkpoint Charlie hat der Tagesspiegel schon mehrmals Gastbeiträge zu wichtigen Aspekten der Entwicklung dieses weltweit bekannten Erinnerungsortes veröffentlicht und so die von Fachexpert*innen im kleinen Kreis geführten Diskussionen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Nachdem die B.Z. im Oktober 2021 über fortgeschrittene Gespräche mit einem neuen Kaufinteressenten für die beiden Checkpoint-Charlie-Grundstücke berichtet hat, gewinnt auch die Frage der Gestaltung des im Bebauungsplan 1-98 festgesetzten Bildungs- und Erinnerungsortes auf der dafür reservierten ca. 1.100 m2 großen „Gemeinbedarfsfläche“ (dort steht aktuell die „Blackbox Kalter Krieg“) an Bedeutung.

Eine erste öffentliche Wortmeldung zum geplanten „Museum Kalter Krieg“ nach Festsetzung des Bebauungsplans ist der im Tagesspiegel (Onlineausgabe vom 01.11.2021) veröffentlichte Gastbeitrag von Theresa Keilhacker, Thomas Flierl und Christoph Sommer, die schon als Fachexpert*innen beim im Frühjahr 2018 gestarteten Beteiligungsverfahren „zukunft cpc“ tätig waren. Der Text des auf „Tagesspiegel.de“ frei zugänglichen Beitrags trägt den Titel „Wie eine Leerstelle zur Lehrstätte wird„. Auf diesen Beitrag, der u.a. die im Bebauungsplan vorgesehene Geschossfläche von 3.000 m2 als zu raumgreifend kritisiert, haben die Befürworter*innen eines größeren Museumsbaus, Andreas Etges, Amélie zu Eulenburg, Hanno Hochmuth und Christian Ostermann, ebenfalls im Tagesspiegel geantwortet (Onlineausgabe vom 02.12.2021, Tagesspiegel+/zugangsbeschränkt). Dieser Artikel der Befürworter*innen schließt mit dem Appell, dass Kritiker*innen und Befürworter*innen nicht gegeneinander arbeiten sollten, sondern im Interesse des besonderen Ortes nach einem Konsens suchen sollten.

Vielleicht haben die Verhandler*innen des neuen Koalitionsvertrags die beginnende öffentliche Diskussion registriert, als sie in den Koalitionsvertrag den Satz „Das diskursive Verfahren für die Gestaltung des Checkpoint Charlie wird fortgeführt“ aufgenommen haben. Jedenfalls begrüßt die Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ eine ergebnisoffene Diskussion über die Größe und das inhaltliche Konzept  des geplanten Museums des Kalten Krieges. Auch wenn bisher noch kein Beteiligungsverfahren angekündigt ist, hoffen wir, dass nicht nur Fachgremien, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit bekommen, sich zur Museumplanung zu äußern.

Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens 1-98 hatte unsere Initiative eine Stellungnahme zum Planentwurf eingereicht, die sich in einem größeren Abschnitt  mit den auf der „Gemeinbedarfsfläche des „Bildungs- und Erinnerungsortes“ geplanten Baukörpers beschäftigt. Nur wenige Menschen verfügen über ein so gutes räumliches Vorstellungsvermögen, um auf der Basis von abstrakten Nutzungskennziffern eine Vorstellung der Größe eines später errichteten Baukörpers zu entwickeln. Leider hat die für das Bebauungsplanverfahren zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sämtliche Einwände gegen den von vielen Stadtplaner*innen als überdimensioniert kritisierten Museumsbaukörper vom Tisch gewischt, nicht zuletzt mit Verweis auf die Flächenvorgaben aus der für die Museumskonzeption verantwortlichen Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Ohne den politisch Verantwortlichen und auch den für die Bebauungsplanaufstellung verantwortlichen Planer*innen zu nahe treten zu wollen, hat sich unser Ansicht nach niemand ernsthafte Gedanken über die räumliche Wirkung eines Baukörpers mit 3.000 m2 Geschossfläche vor der denkmalgeschützten Brandwand des Hauses Zimmerstraße 79/80 gemacht. Egal wie ein späterer Baukörper auf dem nur 1.100 m2 großen „Museumsgrundstück“ angeordnet wird, verstellt er nicht nur den Blick auf diese für das gesamte „Raumerlebnis“ am Checkpoint Charlie so wichtige Brandwand, sondern engt auch die Freiflächen so stark ein, dass letztlich nur der „Stadtplatz“ auf dem Westgrundstück vor der Brandwand Mauerstraße 93 die Wunde symbolisiert, die der Kalte Krieg an dieser Stelle ins Stadtbild geschlagen hat. Damit verbunden ist auch, dass durch diese starke Asymmetrie der Freiflächenverteilung die auf den historischen Bildern sichtbare große Leerstelle endgültig nicht mehr nachvollzogen werden kann. Damit würde in fataler Art und Weise die geschichtsvergessene Bautätigkeit der 90er-Jahre, bei der schon mehrere Grundstücke der ehemaligen „Grenzübergangsstelle Friedrichstraße“ überbaut wurden, mit einem von der Öffentlichen Hand finanzierten Museumsbau zu einem unrühmlichen Ende kommen.

Um den politischen Entscheidungsträger*innen und allen interessierten Bürger*innen die Tragweite der anstehenden Entscheidungen vor Augen zu führen, hat unsere Initiative schon für das Bebauungsplanverfahren (2019) eine Visualisierung der Bebauungssituation mit einem 3.000 m2 Geschossfläche einnehmenden Museumsbau sowie einem Museumspavillon mit 500 m2 Geschossfläche (der die Vorgaben des Denkmalschutzes erfüllt)  erstellen lassen:

 

Checkpoint Charlie mehrgeschossiges Gebäude für Museum Kalter Krieg

Blick auf die Grundstücke am Checkpoint Charlie mit mehrgeschossigem Museumsgebäude mit 3.000 m2 Geschossfläche rechts und Stadtplatz links

 

Bei dieser vom einem auf Gebäude-Visualisierungen spezialisierten Architekturbüro erstellten Perspektive wird nach unserer Ansicht deutlich, dass die Baumasse des geplanten „Museum Kalter Krieg“ den Bildungs- und Erinnerungsort Checkpoint Charlie förmlich erdrückt. Im Kontext der Stellungnahme zum Bebauungsplanentwurf 1-98 hat unsere Initiative deshalb eine Alternative mit einem ca. 500m2 Fläche einnehmenden „Museumpavillon“ vorgeschlagen, der als Empfangsbereich und Zugang zur größtenteils unterirdischen Ausstellungsfläche dient. Damit bleibt der überwiegende Teil der den Raumeindruck am Checkpoint Charlie (mit) prägenden Brandwand Zimmerstraße 79/80 sichtbar. Eine unterirdische Anordnung von Museumsflächen ist spätestens seit der Erweiterung des renommierten Städel-Museums in Frankfurt am Main keine exotische Idee mehr.  In unterirdischen Ausstellungsbereich des Städel-Museums läuft bis zum 30.01.2022 noch die Ausstellung „Nennt mich Rembrandt“. Beim Besuch dieser Ausstellung hatte der Verfasser dieses Artikels zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass die Präsentation der Gemälde suboptimal ist.

 

Checkpoint Charlie Pavillon für Museum Kalter Krieg

Blick auf die Grundstücke am Checkpoint Charlie mit einem Museumspavillon mit 500 m2 Geschossfläche rechts und Stadtplatz links.

 

Um die aus unserer Sicht fatale Festsetzung  der völlig überdimensionierten oberirdischen Geschossfläche im Bebauungsplan 1-98 auf den Checkpoint Charlie (nochmals) zu verdeutlichen, zitieren wir einen Abschnitt aus der Stellungnahme der von uns beauftragten Anwaltskanzlei zum Bebauungsplanentwurf 1-98:

Der aktuelle Zustand des Ortes und der Umgebung, u. a. durch die derzeit vorhandenen Freiflächen, die freiliegenden Brandwände, die atypische Stellung der denkmalgeschützten Baukörper, dokumentiert in einmaliger Weise die ehemalige Zerrissenheit der Stadt im Zentrum Berlins. Diese ist für die Berlinerinnen und Berliner und natürlich auch für die auswärtigen Besucherinnen und Besucher des Checkpoint Charlie beim Betreten des Ortes unmittelbar spürbar. Die Besonderheit dieses Plangebietes liegt gerade darin, dass dieser offenkundige Bruch in der Stadtmitte, vermittelt durch Baulücken, sonstige Freiflächen, ungewöhnliche Baukörperstellungen und atypische Grundstückszuschnitte bestehen bleiben muss, weil nur dieser Bruch und die damit verbundene möglichst weitgehende Zurücknahme von Bebauung diesen für die Erfassung der Geschichte des Ortes so entscheidenden Eindruck ermöglicht. Diese Wirkung dem Ort zu nehmen und durch einen Museumsbau zu ersetzen, hieße, das noch erhaltene Original und damit auch den Kern des Gedenkortes zu vernichten und ihn durch einen stets nur zweitrangiges Gedenken in Gestalt eines Museums zu ersetzen. Die Anlage 1 (Anmerkung: gemeint ist die obere Grafik) zeigt, dass ein Museumsbau in seinem nach dem Bebauungsplan maximalen Umfang von 3.000 m2 Geschossfläche und einer Gebäudehöhe von 62 m ü. NHN die Wirkung einer Blockrandschließung hätte, die dem Ort seine besondere historische Bedeutung nimmt. Der zu Recht als „ Bildungs- und Erinnerungsort zur Geschichte des Checkpoint Charlie…“ bezeichnete Bereich und die Brandwand zum angrenzenden Gebäude Zimmerstraße 79/80 ist daher von einer Bebauung weitestgehend, d. h. mindestens überwiegend und mit einer Freifläche sowohl zur Friedrichstraße als auch zur Zimmerstraße freizuhalten. Zumindest der überwiegende Teilbereich der Brandwand sollte bis auf die Geländeoberkante frei bleiben, um den vorstehend beschriebenen Eindruck mit seinen Sichtbeziehungen auf die atypische Denkmalbebauung soweit wie möglich zu bewahren. Ein Museumsneubau, der eben diese Narbe im Zentrum Berlins verdeckt, stünde der eigentlichen Zielsetzung des Museums entgegen.

Abschließend appelliert die Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ an die für die Planung des Museums verantwortlichen Senatoren Andreas Geisel (Stadtentwicklung und Wohnen) und Dr. Klaus Lederer (Kultur und Europa), kein „Museum Kalter Krieg“ mit 3.000 m2 oberirdischer Geschossfläche zuzulassen, sondern die oberirdische Geschossfläche des neuen Museums auf nicht mehr als ca. 500 m2 oberirdischer Geschossfläche zu begrenzen.

Update vom 08.10.2022

Mit der Pressemitteilung vom 28.09.2022 hat die federführende Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen ein „Städtebauliche Dialogverfahren zum Bildungs- und Erinnerungsort“ am Checkpoint Charlie bekanntgegeben. Auch wenn der zeitliche Vorlauf zur Auftaktveranstaltung am 04.10.2022 knapp bemessen war, haben sich viele mit dem Thema vertraute Fachleute, Bürger:innen und zahlreiche Mitarbeitende der beteiligten Senatsverwaltungen, des Landesdenkmalamtes und der Stiftung Berliner Mauer in der „Forum Factory“ eingefunden. Nach kurzen Eingangsreferaten bestand in drei Arbeitskreisen Gelegenheit zur Diskussion und zur Erarbeitung von Empfehlungen für die vom Senat beauftragten Planungsbüros. Zum Abschluss der Veranstaltung wurden die Ergebnisse zusammengefasst. Die Planungsbüros werden in den kommenden Wochen Vorschläge für die Gestaltung des Ortes vorlegen, wobei neben der für den Erinnerungsort reservierten „Gemeinbedarfsfläche“ auch der Stadtplatz vor der Brandwand Mauerstraße 93 in die Überlegungen einbezogen wird. In einer Zwischenpräsentation am 10.11.2022 in der „Forum Factory“ soll der Arbeitsstand der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Update vom 24.01.2023

Mit der Präsentation der Leitlinien ist das „Städtebauliche Dialogverfahren zum Bildungs- und Erinnerungsort“ am Abend beendet worden. Die insgesamt 22 Leitlinien können auf der Internetseite „Checkpoint Charlie 2022“ eingesehen werden. Zu den wichtigsten Punkten gehören die Vorgaben für die Gestaltung der an den Bildungs- und Erinnerungsort angrenzenden Wände der geplanten Neubauten auf der Ost- und Westseite der Friedrichstraße. So soll die im rechten Winkel zur denkmalgeschützten Brandwand Zimmerstraße 79-81 stehende Neubauwand bis zu einer Höhe von 11 Metern ohne Öffnungen ausgeführt werden. Die Neubauwand auf der Westseite wird im Erdgeschoss keine Öffnungen haben. Der von der Stiftung Berliner Mauer betriebene Bildungs- und Erinnerungsort soll auf der Ostseite Baulichkeiten für die Bildungs- und Erinnerungsarbeit erhalten, die zu einem geringeren Teil oberirdisch und zu einem größeren Teil unterirdisch angeordnet werden sollen. Um die beiden landeseigenen Flächen auf der Ost- und Westseite der Friedrichstraße zu verbinden, soll dieser Bereich der Friedrichstraße verkehrsberuhigt werden.

Am 06.08.2021 wurde im RBB-Inforadio ein Beitrag des Redakteurs Thorsten Gabriel ausgestrahlt, der in Textform unter dem Titel „Berliner Senat mit neuem Kaufinteressenten für Checkpoint Charlie im Gespräch“ auf der Internet-Seite „rbb24“ zu finden ist. Auf Anfrage des RBB hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mitgeteilt, seit geraumer Zeit Gespräche mit einem Interessenten für die beiden brachliegenden Grundstücke am Checkpoint Charlie zu führen. Für diese Grundstücke hatte die Trockland-Gruppe in den Jahren ab 2015 eine Neubebauung mit Hotel, Büros, Wohnungen und einem „Museum Kalter Krieg“ entwickelt, die nach dem im Februar 2020 in Kraft getreten Bebauungsplan 1-98 nicht genehmigungsfähig ist. Zum neuen Interessenten teilt die Senatsverwaltung nur nebulös mit, dass es sich „dabei nicht um einen Investor handelt, der derzeit größere prominente Projekte in der Stadt entwickelt“.

Nach der Verabschiedung des Bebauungsplans 1-98 (Checkpoint Charlie) sind Versuche der Trockland-Gruppe, mit dem Berliner Senat doch noch einen Kompromiss zu finden, offensichtlich fehlgeschlagen. Dies ist einer der Gründe, weshalb die Geschäftsführer der Trockland-Gruppe, Daniel Avner und Yeheskel Nathaniel, für die Checkpoint-Charlie-Projektgesellschaft „Trockland IX Real Estate GmbH“ im Juni 2020 einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg gestellt haben. Das ordentliche Insolvenzverfahren wurde im Oktober 2020 eröffnet. Detaillierte Informationen zu diesem Insolvenzverfahren findet man im Blogartikel „Insolvenz am Checkpoint Charlie – Chance für einen Neubeginn„. Im diesem Artikel hatte die Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ für einen Neubeginn plädiert, zu dem auch die Ausübung des im Grundbuch vereinbarten Vorkaufrechts durch das Land Berlin gehört, da nach unserer Ansicht nur so der weltweit bekannte Erinnerungsort des Kalten Kriegs dauerhaft für die Allgemeinheit gesichert werden kann.

Im RBB-Artikel wird die komplizierte rechtliche Eigentumslage nur angedeutet. Nach dem Mauerfall hatte der Berliner Senat das Gelände an eine Projektentwicklungsgesellschaft von amerikanischen Investoren verkauft, an der (auch) der Erbe des Kosmetikkonzern „Estée Lauder“, Ronald S. Lauder beteiligt war. Diese Gesellschaft hatte auf dem gesamten Areal der ehemaligen „Grenzübergangsstelle Friedrichstraße“ ein „American Business Center“ geplant, letztlich aber nur einen Teil der durch den Mauerbau entstandenen Brachflächen am Checkpoint Charlie bebaut. Als der nach dem Mauerfall begonnene Boom um die Jahrtausendwende in eine erhebliche Abkühlung des Berliner Immobilienmarkts gemündet ist, hatte das ambitionierte Bauprojekt am Checkpoint Charlie wohl keine Zukunft mehr. Jedenfalls hat die Projektgesellschaft Checkpoint Charlie KG Network Office Grundstücks GmbH & Co., vertreten durch die Network Office Grundstücks GmbH im Jahr 2003 Insolvenz angemeldet. Zum Insolvenzverwalter wurde damals Herr Dr. Rolf Rattunde bestellt, der am 26.06.2019 tragisch verstorben ist. Als Nachfolger wurde vom zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Herr Prof. Dr. Torsten Martini bestellt. Wie im RBB-Artikel dargestellt wird, hat die Trockland-Gruppe in 2015 „nur“ die auf den brachliegenden Checkpoint-Charlie-Grundstücken lastenden Grundschulden (laut Grundbuch ursprünglich für die Berliner Volksbank e.G. bestellt) gekauft. Finanziert wurde der Kauf der in beiden Grundbüchern eingetragenen Grundschulden in Höhe von 89.476.082,21 Euro (laut Grundbuchstand vom 04.06.2018)  angesichts der sehr risikoreichen Umstände nicht von einer Geschäfts- bzw. Hypothekenbank, sondern von der „AF 1 Originator S.á.r.l.“ aus Luxemburg.

Im RBB-Artikel wird über sechs Verfahren der Trockland Gruppe gegen das Land Berlin vor dem Verwaltungsgericht Berlin berichtet. Selbst wenn diese Klagen erfolgreich sein sollten, hat das allenfalls marginale  Auswirkungen auf die komplizierte Rechtslage. Die im RBB-Artikel erwähnte „Trockland 72 Checkpoint Charlie GmbH“ wurde im Dezember 2020 wahrscheinlich als Auffanggesellschaft für die insolvente Projektgesellschaft „Trockland IX Real Estate GmbH“ gegründet. Die ebenfalls im Artikel genannten Firmen „Trockland IX Real Estate Ost GmbH“ und „Trockland Real Estate West GmbH“ wurden wie die bisherige Alleingesellschafterin „Trockland IX Real Estate GmbH“ bereits in 2015 als Grundstücksgesellschaften für das Ost- bzw. das Westgrundstück gegründet. Am 09.03.2021 wurde im zuständigen Handelsregister Charlottenburg der „Austausch“ der Alleingesellschafterin der beiden Grundstücksgesellschaften, d.h. der Eintritt der „Trockland Checkpoint Charlie 72 GmbH“ anstelle der insolventen „Trockland IX Real Estate GmbH“ veröffentlicht.

Spannend ist die im RBB-Artikel aufgeworfene Frage, ob die von der Trockland-Gruppe im Falle eines „Deals“ des Landes Berlin mit einem anderen Interessenten angekündigten Schadensersatzansprüche durchsetzbar sind. Aus Sicht der Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ gibt es zumindest aus bauplanungsrechtlicher Sicht keine tragfähige Rechtsgrundlage für etwaige Schadensersatzansprüche der Trockland-Gruppe.

Die bauplanungsrechtliche Situation vor Verabschiedung des Bebauungsplans 1-98 (Checkpoint Charlie) stellt sich aus unserer Sicht wie folgt dar: Die Grundstücke liegen im ehemaligen Ost-Berlin, also räumlich in einem Bereich, wo das Grundgesetz erst ab 1990 Gültigkeit erlangt hat. Insofern ist das im ehemaligen Westteil von Berlin geltende Bauplanungsrecht für die Checkpoint-Charlie-Grundstücke nicht anwendbar. Flächen, für die seit 1990 keine qualifizierten Bebauungspläne existieren, werden gemäß der Systematik des Baugesetzbuches als „unbeplanter Innenbereich“ klassifiziert, wo eine Bebauung zulässig ist, die den in § 34 Baugesetzbuch genannten Anforderungen genügt: „Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.“ Bezogen auf die beiden Grundstücke am Checkpoint Charlie wäre bis zum Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans 1-98 jederzeit eine den Blockrändern folgende Neubebauung, die den Anforderungen des § 34 Baugesetzbuch erfüllt, genehmigungsfähig gewesen. Eine Bebauung nach § 34 Baugesetzbuch kollidiert aufgrund der vielen „Freiheitsgrade“ allerdings häufig mit den enger gefassten baurechtlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans, so auch am Checkpoint Charlie.

Das in § 14 Baugesetzbuch kodifizierte Instrument der Veränderungssperre ermöglicht es einer Gemeinde (hier das Land Berlin), nach dem Beschluss eines Bebauungsplans bei „Gefahr“ der Verletzung der Planungsziele durch geplante Bauvorhaben eine Veränderungssperre zu erlassen. Grundstücke, für die bereits eine Baugenehmigung erteilt wurde, unterliegen hingegen nicht der Veränderungssperre. Deshalb ist es nicht überraschend, dass auf die eingereichten Bauvorbescheidsanträge für das Ostgrundstück (dort wo sich aktuell die „Blackbox Kalter Krieg“ befindet) das Instrument der Veränderungssperre angewandt wurde. Dazu muss man wissen, dass im Bauvorbescheid Einzelfragen des späteren Bauprojektes bereits rechtverbindlich geklärt werden. Die Planungshoheit der Gemeinde ist ein wichtiges Rechtsgut, das mit diversen Bestimmungen im Baugesetzbuch gesichert wird und deren Anwendung aus unserer Sicht bei der (damals) vorliegenden Situation am Checkpoint Charlie rechtlich nicht zu beanstanden ist. In der Begründung zum Bebauungsplan 1-98 werden auf Seite 7 die terminlichen Zusammenhänge der erlassenen Veränderungssperre kurz dargestellt: „Am 08.09.2015 wurde die außergewöhnliche stadtpolitische Bedeutung festgestellt. Am 25.01.2016 wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan 1-98 gefasst. Dieser wurde am 29.01.2016 bekannt gemacht (Veröffentlichung am 12.02.2016 im Amtsblatt Nr. 6 auf Seite 297). Am 28.09.2017 wurde eine Veränderungssperre für das Ostgrundstück rechtskräftig, nachdem zwei Bauvorbescheidsanträge für das Grundstück eingereicht wurden. Am 06.02.2019 wurde die Verlängerung der Veränderungssperre veröffentlicht“.

Der zwischen dem Berliner Senat abgeschlossene Letter of Intent, der wegen (angeblicher) Vertraulichkeit bisher im Wortlaut nicht veröffentlicht wurde, ist jedenfalls nach den Regelungen des Baugesetzbuchs keine Vereinbarung, die den Inhalt eines in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans bestimmen darf. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf den § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch: „Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden“. Die im RBB-Artikel erwähnten möglichen Schadensersatzansprüche der Trockland-Gruppe werden nach unserer Ansicht deshalb auch nicht auf die im Letter of Intent enthaltenden Absichtserklärungen gestützt werden können.

Kompliziert werden ganz sicher die zum Schluss des Artikels erwähnten Gespräche zwischen dem Insolvenzverwalter, dem neuen Kaufinteressenten, dem Land Berlin und dem Grundschuldgläubiger (vermutlich noch die im Grundstandstand vom Juni 2018 in Abteilung III des Grundbuchs eingetragene „AF I Originator S.á.r.l.“). Zu ergänzen wäre hier, dass zumindest momentan nicht nur der Insolvenzverwalter der schon lange insolventen Grundstückseigentümergesellschaft „Checkpoint Charlie KG Network Office Grundstücks GmbH & Co.“ beteiligt ist, sondern möglicherweise auch der Insolvenzverwalter der Trockland-Projektgesellschaft „Trockland IX Real Estate GmbH“, deren Insolvenzverfahren noch nicht beendet ist. Sofern neue Informationen zu den Gesprächen bzw. dem Kaufinteressenten bekannt werden, wird dieser Blogartikel ergänzt.

Update zum neuen Interessenten für die Checkpoint-Charlie-Grundstücke (06.10.2021):

In der BZ vom 06.10.2021 wird berichtet, dass der neue Interessent Gerhard Ellenberger heißt und Mitgesellschafter einer Firma in Hessen ist. Die Google-Recherche ergibt, dass Herr Ellenberger u.a. Geschäftsführer der LE Verwaltungs GmbH ist. Nähere Informationen zum Stand der Dinge findet man im BZ-Artikel vom 06.10.2021.

 

 

Am 25.06.2020 hatte der Tagesspiegel unter dem Titel „Projektgesellschaft von Checkpoint-Charlie-Bauherr insolvent“ gemeldet, dass die Projektgesellschaft „Trockland IX Real Estate GmbH“ einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht Charlottenburg gestellt hat. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde damals RA Sebastian Laboga bestellt. Mit Datum 13.10.2020 hat das Amtsgericht Charlottenburg unter dem Aktenzeichen 36t IN 2693/20 bekanntgegeben, dass das „Hauptinsolvenzverfahren“ über das Vermögen der Trockland IX Real Estate GmbH am 09.10.2020 um 17 Uhr eröffnet wurde.

Wer die diversen Versuche der Bebauung des Checkpoint Charlie seit Mauerfall verfolgt hat, wird sich vielleicht daran erinnern, dass im Jahr 2003 der erste Projektentwickler, die „Checkpoint Charlie KG Network Office Grundstücks GmbH & Co.“ Insolvenz anmelden musste. Dieses Insolvenzverfahren ist übrigens bis heute nicht abgeschlossen. Schon vor und während des im Februar 2020 abgeschlossenen Bebauungsplanverfahrens 1-98 (Checkpoint Charlie) hatten die Verfechterinnen und Verfechter der von Trockland geplanten Neubebauung ohne jegliche Rücksichten auf die nationale Bedeutung dieses besonderen Orts und den bestehenden Denkmalschutz dafür  getrommelt, die geschichts- und gesichtlose Planung von Trockland zu realisieren, mit der wichtige Spuren der Deutschen Teilung  und des Kalten Kriegs aus dem Stadtbild getilgt worden wären.

Das gebetsmühlenartig wiederholte Narrativ der „unwürdigen Verhältnisse“, die nun endlich (und nur jetzt) durch die von Trockland geplante Neubebauung beseitigt werden könnten, hat sich letztlich nicht durchgesetzt. Wer wie Trockland und seine Unterstützerinnen und Unterstützer den Sinn und Zweck von Stadtentwicklung so versteht, dass sich Politik und Verwaltung umstandlos den privaten Interessen einer kleinen Gruppe von kapitalstarken Investoren unterzuordnen haben, vergisst offensichtlich, dass die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist (Art. 20 GG). Die damalige Planung mit Hard-Rock-Hotel sowie hochpreisigen Büro- und Wohnflächen war jedenfalls nicht an den Bedürfnissen unserer Stadt und seiner Bürgerinnen und Bürger orientiert, sondern an den Interessen einer Elite von selbsternannten „Weltbürgerinnen und Weltbürgern“, die ohne eigenes Zutun von der großen internationalen Anziehungskraft Berlins und des Checkpoint Charlie profitieren wollen.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Checkpoint-Charlie-Projektgesellschaft „Trockland IX Real Estate GmbH“ sind alle Beteiligten auf dem harten Boden der juristischen Tatsachen angekommen und es stellt sich die Frage, wie es am Checkpoint Charlie weitergehen soll. Aus Sicht der Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ ist der Zeitpunkt gekommen, auf Basis des am 30.01.2020 verabschiedeten Bebauungsplans 1-98 den „Reset-Knopf“ zu drücken und einen kompletten Neubeginn zu planen. Nachdem Berlin nun das zweifelhafte Vergnügen hat, schon die zweite Insolvenz einer „Checkpoint-Charlie-Projektgesellschaft“ zu erleben, ist es höchste Zeit, dem Gemeinwohl den Vorrang einzuräumen und diesen Gedenkort von nationaler Bedeutung für das Land Berlin, also für alle Bürgerinnen und Bürger, zu sichern. Dieses Ziel wird schon seit längerem von Abgeordneten der Parteien GRÜNE und LINKE vertreten. Überraschenderweise hatte im Dezember 2018 sogar der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner in einem Tagesspiegel – Gastbeitrag angemahnt, „die öffentliche Entwicklungshoheit am Checkpoint Charlie zu sichern“ und das in den beiden Grundbüchern eingetragene Vorkaufsrecht zu nutzen. Auch unsere Initiative setzt sich von Beginn an für die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Land Berlin ein.

Insbesondere an die politisch Verantwortlichen, aber auch an alle Bürgerinnen und Bürger, richtet die Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ den Appell, die Entwicklung dieses besonderen Ortes jetzt auf ein neues Gleis zu setzen. Im ersten Schritt könnte der Senat mit dem Insolvenzverwalter die Übernahme der Grundschulden verhandeln. Angesichts der sehr günstigen Zins-Situation sind die Grundschulden in Höhe von 90 Mio EUR (bezahlt wurde dafür von Trockland in 2015 deutlich weniger) für das Land Berlin problemlos zu finanzieren. Nebenbei setzt damit die Stadt ein weiteres Signal, dass nicht große, ausschließlich den Interessen internationaler Kapitalsammelstellen verpflichtete Immobilienfirmen die Richtung der Stadtentwicklung nach Belieben bestimmen können. Abgesehen von der Immobilien-Lobby und ihren Unterstützerinnen und Unterstützern in  Politik und Presse wünscht sich ganz sicher niemand „Londoner Verhältnisse“, also die komplette Verdrängung aller „nur“ durchschnittlich oder unterdurchschnittlich verdienenden Bürgerinnen und Bürger aus unserer Stadt.

Update zum Insolvenzverfahren der Trockland IX Real Estate GmbH:

Im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg wurde am 20.10.2020 veröffentlicht, dass die Trockland IX Real Estate GmbH (HRB 151125 B) aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelöst ist. Damit ist die Gesellschaft in die „Liquidationsphase“ eingetreten, die bei einer reibungslosen Abwicklung in ca. einem Jahr beendet sein könnte. Nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom 09.10.2020 findet der sog. „Berichtstermin“ (nähere rechtliche Erläuterungen hier) am 16.12.2020 statt. Bei diesem Termin werden wichtige Entscheidungen getroffen, u.a. ob die Gesellschaft stillgelegt oder fortgeführt wird. Nicht zuletzt wegen des Inhalts der beiden Grundbücher, in denen Rechte und Grundschulden für das Land Berlin eingetragen sind, sollte sich aus unserer Sicht der Senat unverzüglich über den Stand des Insolvenzverfahrens informieren.

Update 1  zum Insolvenzverfahren der Trockland IX Real Estate GmbH (11.01.2021):

Sofern das Insolvenzgericht Berlin-Charlottenburg den Berichtstermin nicht corona-bedingt abgesagt hat, fand am 16.12.2020 die erste Gläubigerversammlung der insolventen „Trockland IX Real Estate GmbH“ statt. Das Insolvenzverfahren ist nicht öffentlich, weshalb die interessierte Öffentlichkeit keinen Anspruch auf Informationen über den aktuellen Stand des Insolvenzverfahrens geltend machen kann. Gemäß Beschluss des Insolvenzgerichts vom 13.10.2020 (veröffentlicht am 20.10.2020) ist der „Prüfungstermin“ für den 13.01.2021 um 12:15 Uhr im Sitzungssaal 218 des Amtsgerichts Charlottenburg anberaumt. Vielleicht ergibt sich danach für Presse und die Öffentlichkeit die Chance, aktuelle Informationen zum Insolvenzverfahren der „Trockland IX Real Estate GmbH“ zu erhalten, das direkte Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des weltweit bekannten Erinnerungsortes Checkpoint Charlie entfaltet.

Update 2  zum Insolvenzverfahren der Trockland IX Real Estate GmbH (16.02.2021):

Das Insolvenzgericht Berlin-Charlottenburg hat zum Insolvenzverfahren der „Trockland IX Real Estate GmbH“ (Aktenzeichen 36t IN 2693/20) am 26.01.2020 eine Mitteilung veröffentlicht. Danach erfolgt mit Zustimmung des Gerichts eine „Abschlagsverteilung“ aus der verfügbaren Verteilungsmasse von 2.857.945,64 Euro. Dabei sind laut Gericht Gesamt-Forderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von 136.729.124,17 Euro zu berücksichtigen. Außerdem teilt das Gericht mit, dass das Schlussverzeichnis in der Geschäftsstelle zur Einsicht für die Beteiligten (Gläubiger) bereit liegt. Nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung wird das Schlussverzeichnis zum Zweck der „Schlussverteilung“ erstellt (Erläuterungen zu Schlussrechnung und Schlussverteilung). Nach dieser Mitteilung kann man davon ausgehen, dass das Insolvenzverfahren in absehbarer Zeit beendet sein wird. In jedem Fall legt das Gericht noch einen „Schlusstermin“ für die letzte Gläubigerversammlung fest. Wenn das „Schlussverzeichnis“ unanfechtbar geworden ist, wird die endgültige Verteilungsquote festgelegt. Daran schließt sich die finale Verteilung der Barmittel an die Gläubiger an.

Update 3  zum Insolvenzverfahren der Trockland IX Real Estate GmbH (19.04.2021):

Die „Trockland IX Real Estate GmbH“ war zum Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung die Alleingesellschafterin (Muttergesellschaft) der beiden Grundstücksgesellschaften „Trockland IX Real Estate Ost GmbH“ und „Trockland IX Real Estate West GmbH“. Diese beiden Grundstücksgesellschaften, für die nach dem letzten öffentlich bekannten Grundbuchstand vom Juni 2018 Eigentumsverfassungsvormerkungen in den Grundbüchern der beiden unbebauten Grundstücken rechts und links der Friedrichstraße eingetragen waren, gehörten also zur Insolvenzmasse. Am 09.03.2021 hat das zuständige Handelsregister im AG Charlottenburg eine wichtige Veränderung veröffentlicht: Die insolvente Alleingesellschafterin „Trockland IX Real Estate GmbH“ hat alle Gesellschaftsanteile an den beiden Grundstücksgesellschaften auf die am 17.12.2020 gegründete „Trockland 72 Checkpoint Charlie GmbH“ übertragen. Gesellschafter der „Trockland 72 Checkpoint Charlie GmbH“ sind die Vermögensverwaltungsgesellschaften der beiden Trockland-Geschäftsführer Daniel Avner und Yeheskel Nathaniel. Weitere Detailinformationen kann man der schriftlichen Anfrage „s-18-27126“ der Abgeordneten Katalin Gennburg (LINKE) an den Berliner Senat entnehmen. Offensichtlich ist es der Trockland-Gruppe also gelungen, die beiden Grundstücksgesellschaften aus der Insolvenzmasse der „Trockland IX Real Estate GmbH“ herauszulösen.

 

Bereits während des im Sommer 2018 laufenden Partizipationsverfahrens hat sich die Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ im Blogbeitrag „Plädoyer für die Ausübung des Vorkaufsrechts“ für die Nutzung des in den Grundbüchern der beiden freien Grundstücke eingetragenen Vorkaufsrechts für das Land Berlin ausgesprochen. Nachdem der Senat Anfang Dezember 2018 seine Planungsziele für diesen weltweit bekannten Ort geändert hat, stand die Neubauplanung am Checkpoint Charlie erstmals seit der Planungsziel-Änderung auf der Tagesordnung des zuständigen Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen am 08.05.2019. Die Fraktion der LINKEN im Abgeordnetenhaus hatte bereits in einem Beschluss vom 11.12.2018 unter Punkt 2 gefordert, auf „das dinglich gesicherte Vorkaufsrecht“ nicht zu verzichten. In der Ausschuss-Sitzung am 08.05.2019 hat sich nun auch die CDU-Fraktion deutlich für den Rückkauf der beiden freien Grundstücke ausgesprochen. Damit haben sich zwei große Fraktionen des Abgeordnetenhauses „pro Vorkaufsrecht“ positioniert!

Schon die komplexe Grundstücks- und Verkehrssituation sowie die Anforderungen des Denkmalschutzes, die als „Gesamtpaket“ von einem Privat-Investor nur schwer zu beherrschen sind, sprechen für eine Grundstücksentwicklung durch einen Partner, der im Auftrag der Öffentlichen Hand tätig wird. Entscheidend ist aber, dass der Checkpoint Charlie aufgrund seiner großen historischen Bedeutung zur „DNA“ von Berlin gehört und die Interessen der Stadt und seiner Bürgerinnen und Bürger auf Dauer nur gesichert werden können, wenn das Land Berlin wieder Eigentümer der beiden unbebauten Grundstücke wird. Dabei spielt die Höhe des Kaufpreises nach meiner Überzeugung eine untergeordnete Rolle.

Es ist nach Ansicht der damals wie heute größten Parteien im Abgeordnetenhaus, CDU und SPD , ein großer politischer Fehler gewesen, die Grundstücke am Checkpoint Charlie in den frühen 90er-Jahren an einen Privatinvestor zu verkaufen. Wieso diese Erkenntnis nicht dazu führt, die sich jetzt abzeichnende Rückkauf-Gelegenheit zu nutzen und diesen Fehler zu korrigieren, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Alle Gegenargumente, die von vorrangig aus Eigennutz handelnden Akteuren im Laufe der letzten Monate vorgetragen wurden, erfassen die politische Bedeutung dieser „Rückkauf-Gelegenheit“ auch nicht ansatzweise. Senat und Abgeordnetenhaus von Berlin sollten sich davon nicht beirren lassen und zeitnah die notwendigen Vorbereitungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts treffen.

 

In einer Reihe von Wortmeldungen insbesondere von Befürwortern des geplanten „Museum des Kalten Kriegs“ wird in den letzten Wochen gebetmühlenartig wiederholt, dass die „unwürdige Situation“ am Checkpoint Charlie mit Currywurst-Buden, Schauspieler-Soldaten und Fliegenden Händlern nun dringend beendet werden muss.

Mit Ausnahme der betroffenen Händler, die Ihren Lebensunterhalt in diesem touristischen Chaos verdienen, wird es kaum BerlinerInnen und TouristInnen geben, die die aktuelle Situation am Checkpoint Charlie für gut befinden. Das heißt aber noch lange nicht, dass die vom Investor „Trockland“ geplante Neubauung mit einer Nutzfläche von ca. 49.000 m2 den geeigneten Präsentationsrahmen für die Erinnerung an den weltweit bekannten Schauplatz der Ost-West-Konfrontation schaffen wird. Schon das auf der Fläche der ehemaligen Grenzübergangsstelle vorgesehene Hard-Rock-Hotel führt nach Meinung ansonsten wohlmeinender Beobachter zu einer „Disneyfizierung“, die das würdige Gedenken an die Zeit des Kalten Krieges und die Mauertoten erheblich erschweren wird.

Vielleicht ist es ja ein Kennzeichen unserer geschichtsvergessenen und dem Diktat der Ökonomie unterworfenen Gesellschaft, dass man die Neubebauung und die damit einhergehende Beseitigung des vermeintlichen Chaos lieber jetzt einem laut Presserecherchen problematischen Investor anvertraut, als im Dialog mit der Bürgergesellschaft und den gewählten Volksvertretern ein Nutzungskonzept zu entwickeln, bei dem nicht nur der private Profit maximiert wird, sondern auch die Interessen der Allgemeinheit berücksichtigt werden.

So wie sich die aktuelle Lage aus meiner Sicht darstellt, wird die laut Presseberichten insbesondere von der CDU und den GRÜNEN geforderte Inanspruchnahme des Vorkaufsrechts durch das Land Berlin der einzige Weg sein, um die Brachflächen am Checkpoint Charlie so zu entwickeln, dass auch nachfolgende Generationen noch einen nachhaltigen Eindruck vom Ost-West-Konflikt gewinnen können. Wenn die beiden freien Grundstücke wie eine beliebige Einkaufs- und Eventlocation in einer beliebigen Metropole gestaltet werden sollten, wird auch das geplante „Museum des Kalten Kriegs“ nicht verhindern können, dass an diesem besonderen Ort der Kommerz die Erinnerung an den Kalten Krieg verdrängt. Damit einher geht, dass die für die Erhaltung unserer Demokratie essentiellen Werte  Freiheit und Humanität einen Ort verlieren werden, an dem die Bedeutung dieser Werte in besonders eindrücklicher Art und Weise veranschaulicht werden kann.

Gerade angesichts der unvermindert anhaltenden Immobilienspekulation drängt sich hier auch der Eindruck auf, dass der Berliner Senat die Frage „Wem gehört die Stadt?“ nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger beantwortet, sondern auch am weltbekannten Erinnerungsort Checkpoint Charlie kommerziellen Interessen den absoluten Vorrang einräumt.

Das von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in enger Kooperation mit dem Investor „Trockland“ durchgeführte Workshop-Verfahren hat nach Aussagen von Fachbeobachtern zu keinem überzeugenden Ergebnis für die am Checkpoint Charlie geplante Neubebauung geführt. Selbst die für das Verfahren zuständige Senatorin Kathrin Lompscher hat sich zurückhaltend geäußert, wie in der Pressemitteilung der Senatsverwaltung vom 7. August nachzulesen ist. Schon der Eingangssatz des Statements von Frau Lompscher (Zitat :  „Ich freue mich, dass wir jetzt einschätzen können, wie sehr unterschiedliche städtebauliche Vorschläge von einer Blockrandbebauung bis hin zu stadtbildprägenden Hochhäusern von engagierten Bürgerinnen und Bürgern wie von Expertinnen und Experten eingeschätzt werden.“) zeigt für mich ganz deutlich, dass bis zu einem Konsens über die Bebauung des weltbekannten Erinnerungsorts noch viele Hürden zu überwinden sein werden.

Entgegen dem erklärten Ziel der Initiatoren des Workshop-Verfahrens wurde kein Entwurf für den Realisierungswettbewerb empfohlen, was nicht zuletzt an der längst vorliegenden Hotel-Planung des vom Investor favorisierten Achitekturbüros „Graft Architekten“ für das östliche Grundstück (Block Zimmerstr./Friedrichstr./Schützenstr.) liegt .

Wie es jetzt weiter geht, scheint bei den unterschiedlichen Interessenlagen von Investor, Senatsverwaltungen, Abgeordnetenhaus und kritischer Öffentlichkeit eine alles andere als leicht zu beantwortende Frage zu sein.

Ein großer Schritt hin zum bestmöglichen Planungskonzept für die Bebauung der freien Grundstücke wäre die Ausschreibung eines offenen Architektenwettbewerbs, wie die Architektenkammer Berlin in ihrer Pressemitteilung vom 19. September überzeugend darlegt.

Schon seit Ende Juni liegt übrigens dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller, der von Dezember 2011 bis Dezember 2014 das Amt des Senators für Stadtentwicklung innehatte und dem städtebauliche Planungsverfahren deshalb etwas sagen sollten, ein Schreiben der Architektenkammer zum Thema „offener Wettbewerb“ vor. Bis heute hat es Herr Müller nicht für nötig befunden, darauf zu antworten, was für mich nicht anders als ein Ausdruck von großer Ignoranz gegenüber der städtebaulichen Entwicklung in unserer Stadt ist.

 

 

 

 

 

 

In der Diskussion um das Trockland-Projekt am Checkpoint Charlie haben in den letzten Wochen namhafte Befürworter einer schnellen Bebauung mit Zeitungsmeldungen und einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister auf Ihre Position aufmerksam gemacht. Dabei kritisieren die Befürworter vor allen Dingen das chaotische Erscheinungsbild des Erinnerungsortes mit Schauspieler-Soldaten, Currywurstbuden und Tinnef-Ständen, das aus ihrer Sicht so zeitnah wie möglich beendet werden muss. Wenn dann noch das „Museum des Kalten Krieges“, über dessen Konzept und seinen Initiator Rainer Klemke in einem Artikel des Tagesspiegel vom 24.08.2018 mit der Überschrift „Klemkes Kampf um das Museum am Checkpoint Charlie“ ausführlich berichtet wird, gebaut wird, kann sich Berlin nach Meinung der Befürworter doch nur glücklich schätzen, das ein Investor diese „Stadtputz-Aktion“ übernimmt und der Stadt einen neuen Museumsbau beschert.

Bei diesen Aufrufen wird allerdings komplett ausgeblendet, dass nicht nur baurechtliche Hürden zu überwinden sind, sondern der „erweiterte Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Zimmerstraße vom Landesdenkmalamt im Frühjahr 2018 in die Denkmalliste eingetragen wurde. Die Anforderungen des Denkmalschutzes sind im gutachterlichen Fachbeitrag des Landesdenkmalamtes vom 06.06.2018  nachzulesen, der in der Internetstory „Verscheuert, verkitscht, vergessen“ der Berliner Zeitung veröffentlicht wurde.

Dass bei Projektentwicklungen der Denkmalschutz schlichtweg ignoriert wird, scheint immer mehr in Mode zu kommen. So wollen bekannte Politiker das auch als „Einheitswippe“ bezeichnete Einheitsdenkmal auf dem denkmalgeschützten Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals errichten, obwohl von Seiten des Denkmalschutzes schon in 2015 gravierende Bedenken angemeldet wurden. Auch der Abriß der nicht denkmalgeschützten, gleichwohl bauhistorisch wertvollen Kudamm-Theater ist zwischenzeitlich erfolgt, ohne dass sich der Regierende Bürgermeister und damalige Kultursenator Michael Müller mit aller Kraft für den Erhalt der Theater eingesetzt hat. Am Kudamm baut jetzt ein Projektentwickler für eine während des Gerichtsprozesses schwer fassbare Luxemburger Firma, der im Laufe der Verhandlungen angeboten hat, zumindest einer Bühne im Keller des Neubauensembles eine neue Spielstätte einzurichten. Für mich drängt sich hier der Eindruck auf, dass vertraglich gesicherte Kultureinrichtungen bevorzugt in Flächen angeordnet werden, die bei einer gewerblichen Vermietung allenfalls kostendeckend als Lagerflächen oder Tiefgaragen-Stellplätze angeboten werden könnten. So profitieren die Investoren am Checkpoint Charlie gleich zweifach, in dem Sie für die ca. 2000 m2 Museumfläche im Keller ca. 22,- Euro/m2 Kaltmiete von einem überaus solventen Mieter erhalten und zusätzlich die positive Ausstrahlung von Kultureinrichtungen für Ihre Standortwerbung nutzen können.

Aber nun zurück zum Denkmalschutz am Checkpoint Charlie:

Es ist für mich eine fatale Kombination aus Desinteresse und Geringschätzung, dass trotz der zuvor genannten Negativ-Beispiele „Einheitswippe“ und „Kudamm-Bühnen“ auch bei der Neubauplanung am Checkpoint Charlie der Denkmalschutz unter der Räder kommt, weil der Berliner Senat und die zuständigen Senatsverwaltungen offensichtlich lieber einem privaten Investor zu Diensten sind, als mit der Durchsetzung von Denkmalschutz-Auflagen die „bauhistorische DNA“ von Berlin zu sichern. Dieses unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zweifelhafte Verhalten lässt sich auch daran festmachen, dass sich der Landesdenkmalrat in einem Schreiben vom 27.04.2018 beschwert hat, dass er in das  laufende Planungsverfahren erst zu einem Zeitpunkt einbezogen wurde, als durch den schon viel zitierten Letter of Intent bereits wichtige Aspekte des Projektes zwischen Senat und dem Investor Trockland festgezurrt waren.

Leider geht mit Landeskonservator Prof. Dr. Jörg Haspel, der zu Beginn des Bürgerbeteiligungsverfahrens zusammen mit der Architektin Theresa Keilhacker und dem früheren Kultursenator Thomas Flierl scharfe Kritik am Planungsverfahren geübt hatte, einer der wichtigsten Befürworter einer behutsamen und denkmalgerechten Entwicklung des weltweit bekannten Erinnerungsortes in den Ruhestand.

Auch wenn die Bürgerinnen und Bürger der Stadt nur wenig Einfluss auf Verwaltungsverfahren haben, sollten sie sich im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans 1-98 mit möglichst vielen, inhaltlich differenzierten Stellungnahmen beteiligen, in denen sie auf die angemessene Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange hinweisen sollten. Falls die denkmalrechtlichen Belange nicht ausreichend berücksichtigt werden, können die amtlichen Entscheidungen im Rahmen einer Normenkontrollklage einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden.

 

Am Freitag, den 7. September hat der „Runde Tisch Liegenschaftspolitik“ zum 25. Mal getagt. Dabei wurde u.a. der bisherige Verlauf und aktuelle Stand des Liegenschaftsfalls „Checkpoint Charlie“ von Theresa Keilhacker präsentiert, die an der Erarbeitung der Fachempfehlungen im Rahmen des Beteiligungsprozess „Zukunft Checkpoint Charlie“ mitgewirkt hat. Ab dem 28. Mai konnten die Bürgerinnen und Bürger Ihre Ansichten auf drei Diskussionsveranstaltungen in den Beteiligungsprozess einzubringen. Vor der abschließenden Obergutachter-Sitzung am 6. August wurden die Konzeptentwürfe der sieben am städtebaulichen Workshopverfahren beteiligten Architekturbüros vorgestellt und die Bürgerinnen und Bürger waren wieder zur Beteiligung eingeladen. Dabei konnte man sich auf vorbereiteten „Meinungsbögen“ schriftlich zu den sieben Entwürfen äußern.

Für Leserinnen und Leser klingt das bis hierhin wie ein Musterbeispiel aus einem Leitfaden für Bürgerbeteiligungs-verfahren. Tatsächlich stellt sich aber gleich die Frage, ob bei einem Bauprojekt von gesamtstädtischer Bedeutung die geringe Anzahl der Besucherinnen und Besucher bei den drei Veranstaltungsterminen bzw. bei der Präsentation der Konzeptentwürfe (hier 300 laut Veranstalter URBAN CATALYST GmbH) nicht viel zu gering ist, um die Meinung der Zivilgesellschaft in einer Stadt mit 3,7 Millionen Einwohnern halbwegs zutreffend zu erfassen. Um ein verlässliches Meinungsbild zu erhalten, braucht es sicher nicht die 1 Million Stimmen der Wählerinnen und Wähler, die sich am Volksentscheid zum Tempelhofer Feld beteiligt haben. Den Beteiligungsprozess „Zukunft Checkpoint Charlie“ mit deutlich weniger als 1.000 „Stimmen“ als großen Erfolg zu werten, wie es die zuständige SenatorinKathrin Lompscher tut, erfordert allerdings schon eine gehörige Portion Chuzpe.

Damit aber nicht genug:

Über das laufende Verfahren gut informierte Teilnehmer haben nach der Sitzung des Runden Tischs berichtet, dass die federführende Abteilung II in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen die in der Obergutachtersitzung vom 6. August die für beide freien Grundstücke verabschiedeten städtebaulichen „Kernvorgaben“ nur für das westliche Grundstück (Block Zimmerstr./Friedrichstr./Mauerstr.) anwenden will. Dabei ist sowohl in den zum Verfahren gedruckten Flyern als auch in der Dokumentation des Beteiligungsprozesses „Zukunft Checkpoint Charlie“ in der Grafik „Um welche Flächen geht es?“ auch das östliche Grundstück (Block Zimmerstr./Friedrichstr./Schützenstraße) rot markiert. Das kann man nur so verstehen, dass beide freien Grundstücke rechts und links der Friedrichstraße Gegenstand des Bürgerbeteiligungs- und Workshopverfahrens waren!

Nach alledem werden sich nicht nur die im Verfahren aktiven Bürgerinnen und Bürger fragen, ob sie vom Senat für eine „Fake-Veranstaltung“ missbraucht wurden, die vor allen Dingen dazu gedient hat, dem mit dem Investor Trockland schon vorher festgelegten Umfang der Bebauung einen demokratischen Anstrich zu verleihen.

Wer wie ich diese „Beteiligungsfarce“ nicht unkommentiert lassen will, kann sich mit einem Beschwerdeschreiben an die zuständige Senatorin Kathrin Lompscher wenden, die unter folgender Postadresse erreichbar ist:

Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen
Frau Kathrin Lompscher
Württembergische Straße 6
10707 Berlin

 

Die Initiative beginnt heute, über aktuelle Ereignisse rund um das Neubauprojekt am Checkpoint Charlie zu berichten. Mit der Sitzung des Ausschusses für kulturelle Angelegenheiten am 3. September hat der erste mit dem Neubauprojekt befasste Parlamentsausschuss seine Arbeit aufgenommen. Im Moment ist das Sitzungsprotokoll noch nicht veröffentlicht (Stand 6.9./18:25 Uhr) und man darf gespannt sein, ob in der Sitzung über das Projekt des Investors „Trockland“ gesprochen wurde. In jedem Fall steht das Thema auf der Tagesordnung des „25. Runden Tischs für Liegenschaftspolitik“, der am morgigen Freitag ab 10 Uhr im Abgeordnetenhaus tagt. Das Referat zum Tagesordnungspunkt „Liegenschaftsfall Checkpoint Charlie“ übernimmt Theresa Keilhacker, die sich von Beginn an kritisch mit Inhalt und Ablauf des Verfahrens auseinandersetzt.

Im Morgen-Newsletter „Checkpoint Tagesspiegel“ des Chefredakteurs Lorenz Maroldt wurde heute berichtet, dass der Investor „Trockland“ Abgeordneten des Landesparlaments in einem Schreiben mitgeteilt hat, bei einer Verzögerung der notwendigen Parlamentszustimmung über den 31.12.2018 hinaus die Zwangsversteigerung der Grundstücke in die Wege zu leiten. Nach den von der Berliner Zeitung veröffentlichten Grundbuchauszügen hat eine in Luxemburg beheimatete Firma die erst- und zweitrangig gesicherten Grundschulden übernommen und ist als Gläubiger natürlich berechtigt, die Zwangsversteigerung zu beantragen. Hier wie auch an vielen anderen Stellen mangelt es allerdings an Transparenz. Die geschäftliche Beziehung zwischen „Trockland“ und dem im Grundbuch genannten Grundschuldgläubiger „AF I Originator S.a.r.l.“ bleibt ebenso im Dunkeln wie die konkreten vertraglichen Regelungen zu dem für das Land Berlin eingetragenen Vorkaufsrecht. Die genauen Bestimmungen zum Vorkaufsrecht, das nicht nur „für den ersten Verkaufsfall“, sondern „für alle Verkaufsfälle“ gilt, ergeben sich aus der Bewilligungen, die von einer Notarin in den 90er-Jahren beurkundet wurden und die bei den Grundakten im Amtsgericht Mitte liegen. In einem Zwangsversteigerungverfahren könnte das Land Berlin das Vorkaufsrecht nicht ausüben. Dieses Recht geht aber mit dem ersten Verkauf wahrscheinlich nicht unter, sondern bleibt als Belastung in Abteilung 2 des Grundbuches stehen. Bei dieser Grundbuchlage und der komplizierten Planungssituation sind Zweifel angebracht, ob das Zwangsversteigerungsverfahren ein Selbstläufer wird. Nicht auszuschließen ist, dass Trockland selbst das Grundstück ersteigert und so die Hindernisse beseitigt, die momentan der Eigentumsumschreibung im Wege stehen.

Da eine Grundbucheinsicht nur möglich ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse nachweist, sollte das Land Berlin ernsthaft prüfen, ob es einen Weg für eine Veröffentlichung der kompletten Grundakten gibt. Nur durch eine solche Transparenz-Offensive kann der Senat schon verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen.