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Bereits während des im Sommer 2018 laufenden Partizipationsverfahrens hat sich die Initiative „Checkpoint Charlie erhalten“ im Blogbeitrag „Plädoyer für die Ausübung des Vorkaufsrechts“ für die Nutzung des in den Grundbüchern der beiden freien Grundstücke eingetragenen Vorkaufsrechts für das Land Berlin ausgesprochen. Nachdem der Senat Anfang Dezember 2018 seine Planungsziele für diesen weltweit bekannten Ort geändert hat, stand die Neubauplanung am Checkpoint Charlie erstmals seit der Planungsziel-Änderung auf der Tagesordnung des zuständigen Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen am 08.05.2019. Die Fraktion der LINKEN im Abgeordnetenhaus hatte bereits in einem Beschluss vom 11.12.2018 unter Punkt 2 gefordert, auf „das dinglich gesicherte Vorkaufsrecht“ nicht zu verzichten. In der Ausschuss-Sitzung am 08.05.2019 hat sich nun auch die CDU-Fraktion deutlich für den Rückkauf der beiden freien Grundstücke ausgesprochen. Damit haben sich zwei große Fraktionen des Abgeordnetenhauses „pro Vorkaufsrecht“ positioniert!

Schon die komplexe Grundstücks- und Verkehrssituation sowie die Anforderungen des Denkmalschutzes, die als „Gesamtpaket“ von einem Privat-Investor nur schwer zu beherrschen sind, sprechen für eine Grundstücksentwicklung durch einen Partner, der im Auftrag der Öffentlichen Hand tätig wird. Entscheidend ist aber, dass der Checkpoint Charlie aufgrund seiner großen historischen Bedeutung zur „DNA“ von Berlin gehört und die Interessen der Stadt und seiner Bürgerinnen und Bürger auf Dauer nur gesichert werden können, wenn das Land Berlin wieder Eigentümer der beiden unbebauten Grundstücke wird. Dabei spielt die Höhe des Kaufpreises nach meiner Überzeugung eine untergeordnete Rolle.

Es ist nach Ansicht der damals wie heute größten Parteien im Abgeordnetenhaus, CDU und SPD , ein großer politischer Fehler gewesen, die Grundstücke am Checkpoint Charlie in den frühen 90er-Jahren an einen Privatinvestor zu verkaufen. Wieso diese Erkenntnis nicht dazu führt, die sich jetzt abzeichnende Rückkauf-Gelegenheit zu nutzen und diesen Fehler zu korrigieren, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Alle Gegenargumente, die von vorrangig aus Eigennutz handelnden Akteuren im Laufe der letzten Monate vorgetragen wurden, erfassen die politische Bedeutung dieser „Rückkauf-Gelegenheit“ auch nicht ansatzweise. Senat und Abgeordnetenhaus von Berlin sollten sich davon nicht beirren lassen und zeitnah die notwendigen Vorbereitungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts treffen.

Was will die Stadt am Checkpoint Charlie? | Gastbeitrag von Christoph Sommer und Markus Kip

In Ihrem Gastbeitrag setzen sich die beiden Stadtforscher von der Humboldt-Universität mit der öffentlichen Wahrnehmung des Projektes und dem „Management“ durch die Regierungskoalition aus Grünen, Linken und der SPD (R2G) auseinander. Herr Sommer und Herr Kip kritisieren die mangelnde Transparenz des Planungsverfahrens und die Konzeptlosigkeit des Senats, die auch zu einer Schwächung der Verhandlungsposition gegenüber dem Investor „Trockland“ führt. Abschließend plädieren die Autoren für einen Neustart der Planungen am Checkpoint Charlie, was letztlich auf einen Abbruch des laufenden Investorenverfahrens hinausläuft.

Gastbeitrag in der Berliner Zeitung vom 12.11.2018

 

Wer heute den seit 28.05.2018 laufenden Beteiligungsprozess „Zukunft Checkpoint Charlie“ der Senatsbauverwaltung analysiert, wird unschwer erkennen, dass hier eine vom Investor „Trockland“  ausgewählte Gruppe von sieben international bekannten Architekten Massen-Entwürfe vorgelegt hat, die ohne große Rücksichtnahme auf die Vorgaben der Landesdenkmalbehörde und den besonders sensiblen Erinnerungsort „Checkpoint Charlie“ erstellt wurden. Zusätzlich sollte man wissen, dass das Büro „Graft Architekten“ für das auf der östlichen Seite geplante Hotel schon „gesetzt“ war, sodass eigentlich nur das westlich der Friedrichstraße gelegene Grundstück planerisch frei gestaltet werden konnte.

Natürlich kann man keinem bauwilligen Investor verbieten, auf eigene Kosten für ein x-beliebiges freies Baugrundstück eine Architektenplanung zu beauftragen. Mich verwundert nur bis heute, dass das Land Berlin bei einer so exponierten Stadtlage der Firma „Trockland“, die nach Presseberichten nicht einmal Eigentümer der Grundstücke ist, den roten Teppich ausrollt. Vielleicht hat hier schon die Ankündigung des Investors, dass die Architekten von Brad Pitt (Graft Architekten) wieder in Berlin tätig werden, auf Seiten des Senats eine „Dienstbotenmentalität“ entstehen lassen.

Wie auch immer die endgültige Planung für die freien Flächen aussehen wird, müsste es bei einem weltweit bekannten Erinnerungsort wie dem Checkpoint Charlie eine Selbstverständlichkeit sein, sich auf die Suche nach dem bestmöglichen Entwurf zu machen. Wie das mit einem eingeschränkten Kreis von Architekten, die vor allen Dingen aus Marketinggründen vom international gut vernetzten Investor ausgesucht wurden, funktionieren soll, wird den Bürgerinnen und Bürgern wohl kein Senatsmitglied schlüssig erklären können.

Die Architektenverbände und Teile der Fachöffentlichkeit fordern deshalb völlig zu Recht, dass für Beplanung beider Grundstücke ein offener Wettbewerb nach § 3 (2) der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) ausgeschrieben werden sollte.

Nach meinen Informationen hat es allerdings der Regierende Bürgermeister Michael Müller, dessen Senatskanzlei kürzlich die Verantwortung für die „Berlin Strategie 2030“ ( siehe Berliner Zeitung vom 9.8.18 „Lompscher überlässt die großen Visionen dem Roten Rathaus“ ) von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen übernommen hat, es nicht einmal für nötig befunden, auf die von der Architektenkammer Berlin schriftlich vorgetragene Bitte nach einem offenen Wettbewerbsverfahren zu reagieren.

Um die im Senat offensichtlich verbreitete Ignoranz gegenüber den berechtigten Forderungen aller mit Baukultur befassten Fachverbände zu beenden, rufe ich alle Leserinnen und Leser dieses Artikels auf, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und der für die Bauplanung zuständigen Senatorin Katrin Lompscher ein Schreiben mit der Forderung nach der Auslobung eines offenen Wettbewerbs für die Neubebauung der freien Grundstücke am Checkpoint Charlie zu schicken.

„Checkpoint Charlie muss bürgernaher Geschichtsort werden“ | Gastbeitrag von Theresa Keilhacker und Christoph Sommer

Die Architektin Theresa Keilhacker und der Stadtforscher Christoph Sommer von Geographischen Institut der HU Berlin geben einen detaillierten Überblick über den aktuell bekannten „Flächen-Mix“, die notwendige stärkere Ausrichtung des Planungsprozesses auf die Interessen der Öffentlichkeit und den Standpunkt des Berliner Senats zur Ausübung des Vorkaufsrechts. Die Autoren fordern den Senat und das Abgeordnetenhaus auf, die Ergebnisse des laufenden Workshopverfahren kritisch zu untersuchen und bei Zweifeln an der städtebaulichen Qualität und Gemeinwohlorientierung einen offenen städte- und hochbaulichen Wetttbewerb durchzuführen. Dabei sollte auch der von der Wirtschaftssenatorin Ramona Pop verkündete Anspruch, in Berlin Ideen für einen nachhaltigen und stadtverträgliche Tourismus umzusetzen, ernstgenommen werden.

Tagesspiegel vom 01. August 2018