Beiträge

Senat prüft Geldwäsche-Verdacht am Checkpoint Charlie | von Ralf Schönball und Laura Hoffmann

In diesem Artikel berichten die beiden Redakteure von ersten politischen Reaktionen auf die vom Tagesspiegel öffentlich gemachten Verbindungen zwischen der Trockland-Gruppe und Familienangehörigen des turkmenischen Ex-Präsidenten Saparmurad Nijasow. Trotz der Brisanz dieser Enthüllungen verweist die Senatskanzlei von Michael Müller auf die beiden Senatsverwaltung für Finanzen sowie für Stadtentwicklung und Wohnen. Von der Finanzverwaltung, die von Dr. Matthias Kollatz geleitet wird, kommt die nichtssagende Antwort : „Die Senatsverwaltung für Finanzen hat den Investor geprüft und wird ihn weiterhin prüfen.“ Auch die Antworten aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen“ sind eher nichtssagend.

Artikel im Tagesspiegel vom 29.11.2018

Gedenkstätte in Berlin : Die Spur der Scheine am Checkpoint Charlie | Kommentar von Lorenz Maroldt

In seinem Kommentar befasst sich der Chefredakteur mit dem aktuellen Recherchestand in der „Causa Checkpoint Charlie“, den der Tagesspiegel am 28.11. im Online-Artikel „Investor für Checkpoint Charlie hat heikle Partner“ exklusiv veröffentlicht hat. Danach sind Familienangehörige des in 2006 gestorbenen Präsidenten von Turkmenistan an Firmen der Trockland-Gruppe beteiligt. Turkmenistan steht im Korruptionsindex von Transparency International auf hinteren Plätzen und der damalige Präsident soll Einnahmen aus Gaseinnahmen auf Privatkonten umgeleitet haben. Herr Maroldt stellt u.a. die Frage, wieso sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller mit seinem Verweis auf die Finanzverwaltung wie ein Sachbearbeiter verhält, statt als Chef des Senats Verantwortung zu übernehmen und für Aufklärung zu sorgen.

Artikel im Tagesspiegel vom 29.11.2018

Grüne stoppen Müllers Pläne für den Checkpoint Charlie | von Laura Hoffmann, Hendrik Lehmann und Ralf Schönball

In diesem Artikel beschreiben die drei Redakteure des Tagesspiegel die aktuelle „Gefechtslage“ rund um das Neubauprojekt der „Trockland-Gruppe“ am Checkpoint Charlie. Nachdem der Regierende Bürgermeister Michael Müller auf dem SPD-Parteitag höchstpersönlich einen kritischen Antrag des SPD-Kreisverbands Berlin-Mitte verwässert hat, ist die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen auf Konfrontationskurs gegangen. Die Grünen wollen einen Antrag im Abgeordnetenhaus einbringen, in dem eine Verlegung des geplanten Museums vom Westgrundstück auf das Ostgrundstück gefordert wird. Damit wäre die Planung für das derzeit auf dem Ostgrundstück vorgesehene Hardrock-Hotel hinfällig.

Artikel im Tagesspiegel vom 20.11.2018

 

Das von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in enger Kooperation mit dem Investor „Trockland“ durchgeführte Workshop-Verfahren hat nach Aussagen von Fachbeobachtern zu keinem überzeugenden Ergebnis für die am Checkpoint Charlie geplante Neubebauung geführt. Selbst die für das Verfahren zuständige Senatorin Kathrin Lompscher hat sich zurückhaltend geäußert, wie in der Pressemitteilung der Senatsverwaltung vom 7. August nachzulesen ist. Schon der Eingangssatz des Statements von Frau Lompscher (Zitat :  „Ich freue mich, dass wir jetzt einschätzen können, wie sehr unterschiedliche städtebauliche Vorschläge von einer Blockrandbebauung bis hin zu stadtbildprägenden Hochhäusern von engagierten Bürgerinnen und Bürgern wie von Expertinnen und Experten eingeschätzt werden.“) zeigt für mich ganz deutlich, dass bis zu einem Konsens über die Bebauung des weltbekannten Erinnerungsorts noch viele Hürden zu überwinden sein werden.

Entgegen dem erklärten Ziel der Initiatoren des Workshop-Verfahrens wurde kein Entwurf für den Realisierungswettbewerb empfohlen, was nicht zuletzt an der längst vorliegenden Hotel-Planung des vom Investor favorisierten Achitekturbüros „Graft Architekten“ für das östliche Grundstück (Block Zimmerstr./Friedrichstr./Schützenstr.) liegt .

Wie es jetzt weiter geht, scheint bei den unterschiedlichen Interessenlagen von Investor, Senatsverwaltungen, Abgeordnetenhaus und kritischer Öffentlichkeit eine alles andere als leicht zu beantwortende Frage zu sein.

Ein großer Schritt hin zum bestmöglichen Planungskonzept für die Bebauung der freien Grundstücke wäre die Ausschreibung eines offenen Architektenwettbewerbs, wie die Architektenkammer Berlin in ihrer Pressemitteilung vom 19. September überzeugend darlegt.

Schon seit Ende Juni liegt übrigens dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller, der von Dezember 2011 bis Dezember 2014 das Amt des Senators für Stadtentwicklung innehatte und dem städtebauliche Planungsverfahren deshalb etwas sagen sollten, ein Schreiben der Architektenkammer zum Thema „offener Wettbewerb“ vor. Bis heute hat es Herr Müller nicht für nötig befunden, darauf zu antworten, was für mich nicht anders als ein Ausdruck von großer Ignoranz gegenüber der städtebaulichen Entwicklung in unserer Stadt ist.

 

 

 

 

 

 

In der Diskussion um das Trockland-Projekt am Checkpoint Charlie haben in den letzten Wochen namhafte Befürworter einer schnellen Bebauung mit Zeitungsmeldungen und einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister auf Ihre Position aufmerksam gemacht. Dabei kritisieren die Befürworter vor allen Dingen das chaotische Erscheinungsbild des Erinnerungsortes mit Schauspieler-Soldaten, Currywurstbuden und Tinnef-Ständen, das aus ihrer Sicht so zeitnah wie möglich beendet werden muss. Wenn dann noch das „Museum des Kalten Krieges“, über dessen Konzept und seinen Initiator Rainer Klemke in einem Artikel des Tagesspiegel vom 24.08.2018 mit der Überschrift „Klemkes Kampf um das Museum am Checkpoint Charlie“ ausführlich berichtet wird, gebaut wird, kann sich Berlin nach Meinung der Befürworter doch nur glücklich schätzen, das ein Investor diese „Stadtputz-Aktion“ übernimmt und der Stadt einen neuen Museumsbau beschert.

Bei diesen Aufrufen wird allerdings komplett ausgeblendet, dass nicht nur baurechtliche Hürden zu überwinden sind, sondern der „erweiterte Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Zimmerstraße vom Landesdenkmalamt im Frühjahr 2018 in die Denkmalliste eingetragen wurde. Die Anforderungen des Denkmalschutzes sind im gutachterlichen Fachbeitrag des Landesdenkmalamtes vom 06.06.2018  nachzulesen, der in der Internetstory „Verscheuert, verkitscht, vergessen“ der Berliner Zeitung veröffentlicht wurde.

Dass bei Projektentwicklungen der Denkmalschutz schlichtweg ignoriert wird, scheint immer mehr in Mode zu kommen. So wollen bekannte Politiker das auch als „Einheitswippe“ bezeichnete Einheitsdenkmal auf dem denkmalgeschützten Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals errichten, obwohl von Seiten des Denkmalschutzes schon in 2015 gravierende Bedenken angemeldet wurden. Auch der Abriß der nicht denkmalgeschützten, gleichwohl bauhistorisch wertvollen Kudamm-Theater ist zwischenzeitlich erfolgt, ohne dass sich der Regierende Bürgermeister und damalige Kultursenator Michael Müller mit aller Kraft für den Erhalt der Theater eingesetzt hat. Am Kudamm baut jetzt ein Projektentwickler für eine während des Gerichtsprozesses schwer fassbare Luxemburger Firma, der im Laufe der Verhandlungen angeboten hat, zumindest einer Bühne im Keller des Neubauensembles eine neue Spielstätte einzurichten. Für mich drängt sich hier der Eindruck auf, dass vertraglich gesicherte Kultureinrichtungen bevorzugt in Flächen angeordnet werden, die bei einer gewerblichen Vermietung allenfalls kostendeckend als Lagerflächen oder Tiefgaragen-Stellplätze angeboten werden könnten. So profitieren die Investoren am Checkpoint Charlie gleich zweifach, in dem Sie für die ca. 2000 m2 Museumfläche im Keller ca. 22,- Euro/m2 Kaltmiete von einem überaus solventen Mieter erhalten und zusätzlich die positive Ausstrahlung von Kultureinrichtungen für Ihre Standortwerbung nutzen können.

Aber nun zurück zum Denkmalschutz am Checkpoint Charlie:

Es ist für mich eine fatale Kombination aus Desinteresse und Geringschätzung, dass trotz der zuvor genannten Negativ-Beispiele „Einheitswippe“ und „Kudamm-Bühnen“ auch bei der Neubauplanung am Checkpoint Charlie der Denkmalschutz unter der Räder kommt, weil der Berliner Senat und die zuständigen Senatsverwaltungen offensichtlich lieber einem privaten Investor zu Diensten sind, als mit der Durchsetzung von Denkmalschutz-Auflagen die „bauhistorische DNA“ von Berlin zu sichern. Dieses unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zweifelhafte Verhalten lässt sich auch daran festmachen, dass sich der Landesdenkmalrat in einem Schreiben vom 27.04.2018 beschwert hat, dass er in das  laufende Planungsverfahren erst zu einem Zeitpunkt einbezogen wurde, als durch den schon viel zitierten Letter of Intent bereits wichtige Aspekte des Projektes zwischen Senat und dem Investor Trockland festgezurrt waren.

Leider geht mit Landeskonservator Prof. Dr. Jörg Haspel, der zu Beginn des Bürgerbeteiligungsverfahrens zusammen mit der Architektin Theresa Keilhacker und dem früheren Kultursenator Thomas Flierl scharfe Kritik am Planungsverfahren geübt hatte, einer der wichtigsten Befürworter einer behutsamen und denkmalgerechten Entwicklung des weltweit bekannten Erinnerungsortes in den Ruhestand.

Auch wenn die Bürgerinnen und Bürger der Stadt nur wenig Einfluss auf Verwaltungsverfahren haben, sollten sie sich im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans 1-98 mit möglichst vielen, inhaltlich differenzierten Stellungnahmen beteiligen, in denen sie auf die angemessene Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange hinweisen sollten. Falls die denkmalrechtlichen Belange nicht ausreichend berücksichtigt werden, können die amtlichen Entscheidungen im Rahmen einer Normenkontrollklage einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden.

 

Wer heute den seit 28.05.2018 laufenden Beteiligungsprozess „Zukunft Checkpoint Charlie“ der Senatsbauverwaltung analysiert, wird unschwer erkennen, dass hier eine vom Investor „Trockland“  ausgewählte Gruppe von sieben international bekannten Architekten Massen-Entwürfe vorgelegt hat, die ohne große Rücksichtnahme auf die Vorgaben der Landesdenkmalbehörde und den besonders sensiblen Erinnerungsort „Checkpoint Charlie“ erstellt wurden. Zusätzlich sollte man wissen, dass das Büro „Graft Architekten“ für das auf der östlichen Seite geplante Hotel schon „gesetzt“ war, sodass eigentlich nur das westlich der Friedrichstraße gelegene Grundstück planerisch frei gestaltet werden konnte.

Natürlich kann man keinem bauwilligen Investor verbieten, auf eigene Kosten für ein x-beliebiges freies Baugrundstück eine Architektenplanung zu beauftragen. Mich verwundert nur bis heute, dass das Land Berlin bei einer so exponierten Stadtlage der Firma „Trockland“, die nach Presseberichten nicht einmal Eigentümer der Grundstücke ist, den roten Teppich ausrollt. Vielleicht hat hier schon die Ankündigung des Investors, dass die Architekten von Brad Pitt (Graft Architekten) wieder in Berlin tätig werden, auf Seiten des Senats eine „Dienstbotenmentalität“ entstehen lassen.

Wie auch immer die endgültige Planung für die freien Flächen aussehen wird, müsste es bei einem weltweit bekannten Erinnerungsort wie dem Checkpoint Charlie eine Selbstverständlichkeit sein, sich auf die Suche nach dem bestmöglichen Entwurf zu machen. Wie das mit einem eingeschränkten Kreis von Architekten, die vor allen Dingen aus Marketinggründen vom international gut vernetzten Investor ausgesucht wurden, funktionieren soll, wird den Bürgerinnen und Bürgern wohl kein Senatsmitglied schlüssig erklären können.

Die Architektenverbände und Teile der Fachöffentlichkeit fordern deshalb völlig zu Recht, dass für Beplanung beider Grundstücke ein offener Wettbewerb nach § 3 (2) der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) ausgeschrieben werden sollte.

Nach meinen Informationen hat es allerdings der Regierende Bürgermeister Michael Müller, dessen Senatskanzlei kürzlich die Verantwortung für die „Berlin Strategie 2030“ ( siehe Berliner Zeitung vom 9.8.18 „Lompscher überlässt die großen Visionen dem Roten Rathaus“ ) von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen übernommen hat, es nicht einmal für nötig befunden, auf die von der Architektenkammer Berlin schriftlich vorgetragene Bitte nach einem offenen Wettbewerbsverfahren zu reagieren.

Um die im Senat offensichtlich verbreitete Ignoranz gegenüber den berechtigten Forderungen aller mit Baukultur befassten Fachverbände zu beenden, rufe ich alle Leserinnen und Leser dieses Artikels auf, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und der für die Bauplanung zuständigen Senatorin Katrin Lompscher ein Schreiben mit der Forderung nach der Auslobung eines offenen Wettbewerbs für die Neubebauung der freien Grundstücke am Checkpoint Charlie zu schicken.